Wikipedia-Artikel für Unternehmen schreiben

Eine Firma in die Wikipedia eintragen: 10 Punkte, die Sie beachten müssen

Die Wikipedia ist eine der meistbesuchten Websites der Welt und hat eine hohe Glaubwürdigkeit. Kein Wunder also, dass sich jedes Unternehmen in der grössten Enzyklopädie der Welt präsentieren möchte. Doch was Unternehmen wollen, ist oft nicht im Sinne der Wikipedia, und deshalb scheitern viele Unternehmen beim Versuch, ihren eigenen Artikel zu erstellen. Aber eigentlich ist es gar nicht so schwierig, wenn man die folgenden 10 Punkte berücksichtigt.

Punkt 1: Nur relevante Unternehmen schaffen es in die Wikipedia

Ein Grundprinzip der Wikipedia ist die Relevanz: Nur was wichtig ist, bekommt einen eigenen Artikel. Nun kann man natürlich die Relevanz eines Unternehmens anhand verschiedenster Kriterien messen, und aus der persönlichen Wahrnehmung ist die eigene Firma immer relevant. Andererseits kann es nicht die Aufgabe einer Enzyklopädie sein, jedes Kleinunternehmen und jeden Verein zu dokumentieren.

Deshalb hat die Wikipedia-Gemeinschaft im Verlaufe der Zeit Regeln entwickelt: die Relevanzkriterien für Wirtschaftsunternehmen.  Ab 1’000 Vollzeitmitarbeitern oder 100 Mio. Euro Jahresumsatz sind Unternehmen beispielsweise automatisch relevant, aber es gibt auch noch andere, oft branchenspezifische Kriterien. Brauereien beispielsweise müssen entweder jährlich 100’000 Hektolitern Bier produzieren oder aber seit 100 Jahren existieren und jährlich 5’000 Hektolitern Bier brauen. Auch für Finanzdienstleister, Schienenverkehrsunternehmen und Verlage gibt es sehr detaillierte Kriterien. In anderen Branchen wiederum – und übrigens auch bei Vereinen, Verbänden und Non-Profit-Organisationen – sind die Regeln allgemeiner gehalten, und somit besteht hier mehr Interpretationsspielraum.

Wer sein Unternehmen in die Wikipedia eintragen will, sollte als allererstes diese Relevanzkriterien studieren. Unter Umständen ist dann bereits eindeutig entschieden, ob das Unternehmen relevant ist oder nicht. Andernfalls tut man gut daran, sich vorab zu überlegen, wie man die Relevanz begründen will. Idealerweise wird die Relevanz direkt aus dem Artikel ersichtlich und ist gut belegt (vgl. Punkt 4). Vielleicht gibt es aber auch vergleichbare Unternehmen mit eigenem Wikipedia-Artikel, sodass man sich auf das Prinzip der Gleichbehandlung berufen kann.

Ist die Relevanz nicht eindeutig gegeben, so kassiert man für seinen neu angelegten Artikel schnell einmal einen Löschantrag. Einen solchen Löschantrag kann grundsätzlich jeder Wikipedia-Autor stellen, wenn er der Meinung ist, dass ein Artikel den Regeln der Wikipedia nicht genügt. Allerdings ist das erst ein Antrag, der dann diskutiert werden muss und möglicherweise auch abgelehnt wird, sofern sich genügend Wikipedianer dafür aussprechen, den Artikel zu behalten. Man sollte also die Flinte nicht gleich ins Korn werfen, sondern die Löschdiskussion aufmerksam verfolgen. Oft lernt man daraus, wie man seinen Artikel verbessern und so die Kritikpunkte entkräften kann. Man darf auch selbst an der Diskussion teilnehmen und seine Argumente vorbringen – allerdings tut man gut daran, sachlich und freundlich zu bleiben, selbst wenn es die Gegenseite nicht immer ist.

Punkt 2: Wikipedia-Artikel sind kurz und knapp

Der Zweck einer Enzyklopädie besteht darin, dass man sich in kurzer Zeit einen Überblick über ein Thema verschaffen kann. Detailversessene Texte sind deshalb ebenso unerwünscht wie ausufernde Formulierungen.

Man sollte also unbedingt dem Drang widerstehen, jedes Produkt eines Unternehmens zu beschreiben, die Mitglieder des Managements einzeln vorzustellen, die Firmengeschichte akribisch wiederzugeben oder die Finanzkennzahlen des aktuellen Quartals aufzuführen. Konzentrieren Sie sich darauf, was wirklich wichtig ist, seien Sie sparsam bei den Details und bringen Sie das Ganze auch sprachlich auf den Punkt. Es spricht auch nichts dagegen, dass Sie zunächst mit einer Minimalfassung des Artikels starten und später noch einzelne Dinge ergänzen.

Punkt 3: Wikipedia-Artikel sind neutral

«Mustermann & Söhne AG ist ein führender Anbieter von innovativen Lösungen für hocheffiziente Lagersysteme.» Ein solcher Satz ist auf einer Unternehmens-Website gang und gäbe, hat aber in der Wikipedia keine Chance. Alle Formulierungen, die wertend oder werberisch sind («führend», «innovativ», «hocheffizient»), widersprechen dem Grundprinzip des neutralen Standpunkts.

Wertende Aussagen stecken fast immer in Adjektiven. Man sollte also jedes Adjektiv kritisch hinterfragen und im Zweifelsfall weglassen. Und falls man tatsächlich Grund zur Annahme hat, dass die eigene Firma in irgendeiner Hinsicht grösser oder besser ist als die Konkurrenz, dann muss man dies mit Fakten (beispielsweise einer Statistik aus unabhängiger Quelle) untermauern. «Mit 5’700 Angestellten (Stand: 31.12.2021) ist Mustermann & Söhne AG der grösste Arbeitgeber im Kanton Bern.» wäre also sehr wohl zulässig, sofern es wahr und belegbar ist.

Punkt 4: Alle Informationen in der Wikipedia müssen belegt werden

Eine Enzyklopädie soll selbstverständlich nur korrekte Informationen enthalten. Und damit andere Wikipedianer nachprüfen können, ob eine Information korrekt ist, muss sie belegt werden – ähnlich wie man dies aus wissenschaftlichen Arbeiten kennt. Als Beleg im Sinne der Wikipedia taugen nur Quellen, die einerseits zuverlässig und andererseits nachprüfbar sind.

Ein Artikel in der «Neuen Zürcher Zeitung» oder im «Spiegel» beispielsweise erfüllt beide Kriterien. Ein Gespräch (soweit es nicht als Radiosendung aufgezeichnet wurde), ein Lebenslauf (soweit er nicht gedruckt wurde) oder auch das eigene Erfahrungswissen ist hingegen nicht nachprüfbar und deshalb als Beleg ungeeignet.

Nicht ganz so einfach ist es mit der Zuverlässigkeit: Ist eine lokale Gratiszeitung, ein selbsternanntes Fachmagazin, ein Blog, ein E-Book im Eigenverlag oder ein YouTube-Video eine zuverlässige Quelle? Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, aber es ist zumindest Vorsicht angebracht. Auf Unternehmen bezogen heisst das, dass man zwar einen publizierten Geschäftsbericht, aber vielleicht nicht eine Werbebroschüre zitieren sollte, um eine Aussage zu belegen. Und alles, was man nicht belegen kann, gehört nicht in den Wikipedia-Artikel.

Punkt 5: Die Wikipedia akzeptiert keine kopierten Texte

Natürlich bietet es sich an, ein Unternehmensporträt von der eigenen Website oder aus dem eigenen Geschäftsbericht für einen Wikipedia-Artikel zu nutzen. Aber kopierte Texte haben in der Wikipedia keine Chance und werden umgehend gelöscht, und zwar unabhängig von ihrer Qualität.

Der Grund dafür ist, dass die Wikipedia sicherstellen muss, dass die eingebrachten Texte das Urheberrecht nicht verletzen. Wenn Texte bereits gedruckt oder online existieren, dann unterliegen sie normalerweise dem Copyright. Auch wenn ein Text durch den Autor selbst in die Wikipedia kopiert wird, ist die Rechtslage nicht zweifelsfrei geklärt.

Die einfache Regel lautet deshalb: Der Text für einen Wikipedia-Artikel sollte immer neu geschrieben werden. (Davon ausgenommen sind selbstverständlich Zitate, die man allerdings in der Wikipedia generell sparsam einsetzen sollte.) Dies empfiehlt sich sowieso, weil ein guter Zeitungsartikel oder ein guter Website-Text noch lange keinen guten Wikipedia-Artikel ergibt (vgl. Punkte 2, 3 und 4).

Punkt 6: Respektieren Sie bestehende Texte

Sofern der Artikel über das eigene Unternehmen bereits existiert, aber nicht gefällt, kommt man leicht in die Versuchung, tabula rasa zu machen und den bestehenden Artikel komplett durch einen eigenen Text zu ersetzen. Wer die Vorarbeit anderer Wikipedianer so wenig respektiert, macht sich allerdings nicht beliebt und muss mit Gegenwind rechnen. Und falls bei dieser Gelegenheit «zufällig» auch einige kritische Informationen gelöscht werden, dann setzt man sich schnell dem Verdacht aus, PR zu betreiben.

Besser ist es deshalb, mit den vorhandenen Texten zu arbeiten und diese schrittweise aus- und umzubauen, damit bei jeder Bearbeitung sichtbar wird, worin der Mehrwert der Bearbeitung besteht. Belegte kritische Informationen über das eigene Unternehmen sollte man keinesfalls löschen, sondern höchstens ergänzen, um eine ausgewogene Darstellung zu erreichen.

Punkt 7: Akzeptieren Sie Änderungen und Kritik Dritter

Egal, ob es nur ein einzelner Satz oder ein ganzer Artikel ist: Sobald man einen Text in der Wikipedia veröffentlicht, tritt man seine Rechte als Autor an die Allgemeinheit ab. Man muss also damit leben, dass andere Wikipedianer den Text umschreiben oder gar löschen. Und solange dies innerhalb der Spielregeln der Wikipedia geschieht, kann man dies kaum verhindern.

Man kann höchstens den Dialog mit der entsprechenden Person suchen, wenn es um eine besonders gravierende Änderung geht, die man nicht hinnehmen möchte. Als Wikipedia-Neuling darf man sich allerdings nicht wundern, wenn man kurz und knapp auf eine der vielen Regeln der Wikipedia verwiesen oder auch etwas härter angegangen wird. Gerade wer im Auftrag eines Unternehmens handelt, tut gut daran, Kritik ernst zu nehmen und sachlich zu bleiben. Insbesondere sollte man es sich verkneifen, Änderungen Dritter kommentarlos rückgängig zu machen.

Punkt 8: Klären Sie Bildrechte sorgfältig ab

Es ist möglich und erwünscht, Wikipedia-Artikel mit Fotos und Grafiken auszustatten. Was allerdings für Texte gilt, gilt auch für Bilder: Durch die Veröffentlichung in der Wikipedia verzichtet der Urheber auf einen Grossteil seiner Rechte (vgl. Bildrechte und  FAQ zu Bildern).

Publizieren Sie also nur dann ein Bild in der Wikipedia, wenn Sie a) selbst der Urheber dieses Bildes sind, b) eine Einverständniserklärung des Urhebers beschaffen oder c) darlegen können, dass das Bild nicht durch das Urheberrecht geschützt ist. Nur weil ein Foto im Auftrag Ihres Unternehmens erstellt wurde, bedeutet das noch lange nicht, dass der Fotograf sämtliche Rechte an diesem Bild abgetreten hat und Sie es unter einer Creative-Commons-Lizenz freigeben dürfen. Seien Sie also im Zweifelsfall vorsichtig. (Weitere Informationen zum Thema Bildrechte finden Sie auch im Artikel «Fremde Bilder für die eigene Websites nutzen: Was ist erlaubt?»)

Abgesehen vom Urheberrecht müssen Sie auch das Persönlichkeitsrecht beachten, wenn Sie Fotos in der Wikipedia publizieren. Sobald Personen erkennbar auf einem Foto vorhanden sind, gilt das Recht am eigenen Bild. Sofern die abgebildeten Personen nicht explizit zugestimmt haben, dürfen Sie das Foto nicht veröffentlichen (was übrigens nicht nur für die Wikipedia gilt). Aber nicht nur Personen, auch bestimmte Objekte dürfen unter Umständen nicht auf einer Fotografie erscheinen – Details kann man hier nachlesen.

Punkt 9: Nutzen Sie ein verifiziertes Benutzerkonto

Natürlich können Sie den Artikel über Ihr Unternehmen anonym oder unter einem Pseudonym bearbeiten. Allerdings verstossen Sie dann gegen die Pflicht zu Offenlegung von bezahlten Beiträgen (vgl. Bezahlte Beiträge ohne Offenlegung sowie das FAQ zur Offenlegung von bezahlten Beiträgen).

Seien Sie deshalb von Anfang an transparent: Legen Sie sich ein verifiziertes Benutzerkonto mit dem Namen Ihres Unternehmens an und kennzeichnen Sie es mit der Vorlage für bezahltes Schreiben. Insbesondere sollten Sie keinesfalls versuchen, unliebsame Textpassagen anonym verschwinden zu lassen, denn anhand der IP-Adresse kann diese Zensurmassnahme unter Umständen auf Ihr Unternehmen zurückgeführt werden.

Punkt 10: Bleiben Sie dran

Wikipedia-Artikel sind nicht statisch – sie werden laufend aktualisiert, verbessert und erweitert. Behalten Sie also den Artikel über Ihr Unternehmen im Auge und überprüfen Sie alle Änderungen, indem Sie die Versionsgeschichte konsultieren. Tragen Sie möglichst auch selbst dazu bei, den Artikel aktuell zu halten, etwa indem Sie jedes Jahr die Kennzahlen zum Unternehmen gemäss Geschäftsbericht nachführen, grössere Akquisitionen und Verkäufe ergänzen oder Veränderungen im Management abbilden – natürlich immer mit Beleg (vgl. Punkt 4).

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