Mann vor einer übervollen Pinwand

Wissensmanagement in KMU und Startups: Warum auch kleine Unternehmen ihr Wissen aktiv managen sollten

«Wissensmanagement? Das ist doch etwas für Grossunternehmen!» Wer so denkt, verkennt die Bedeutung, die Wissen auch für kleine Unternehmen und Organisationen hat. Oder er fürchtet den Aufwand, den Wissensmanagement mit sich bringt. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, merkt aber schnell: Auch KMU, Non-Profit-Organisationen und Startups können und müssen ihr Wissen managen.

Wissen ist eine zentrale Ressource

Wissen ist ein kostbares Gut. Erst spezifisches Wissen erlaubt es einem Unternehmen, ganz bestimmte Produkte und Dienstleistungen anzubieten, mit denen es sich von Mitbewerbern differenziert. Wissen ist ein Wettbewerbsvorteil und deshalb eine Ressource, die man genau so managen muss wie jede andere auch.

Wie wichtig Wissen ist, realisieren viele Unternehmen leider erst, wenn es verloren geht. Und das passiert immer dann, wenn wichtige Mitarbeiter ausfallen – sei es durch Ferien, Krankheit, Unfall, Mutterschaft, Militärdienst, Kündigung oder Pensionierung. Denn Wissen steckt fast immer in den Köpfen einzelner Mitarbeiter. Und Wissensmanagement ist nichts anderes als eine Methode, um das Wissen einzelner Mitarbeiter für das gesamte Unternehmen zugänglich zu machen.

Wie viel spezifisches Wissen in einem Unternehmen steckt, hängt nicht von dessen Grösse ab: Ein grosses Unternehmen kann ein Geschäft betreiben, das zwar personalintensiv, aber wenig wissensintensiv ist. Umgekehrt gibt es Startups, die nur aus wenigen Spezialisten bestehen, welche eine völlig neues Produkt entwickeln –  ein solches Unternehmen besteht quasi nur aus Wissen. Dass kleine Unternehmen allen wegen ihrer Grösse auf Wissensmanagement verzichten können, ist deshalb ein Trugschluss.

Wenn schon, dann ist es eher umgekehrt: Kleine Unternehmen gehen ein grösseres Risiko ein, wenn sie das Wissensmanagement vernachlässigen, weil hier der Ausfall bzw. Verlust eines Mitarbeiters eine viel grössere Lücke hinterlässt. In einem Grossunternehmen gibt es für die meisten Aufgaben ganze Teams – hier kann viel eher ein Kollege einspringen, der sich mit der Materie einigermassen auskennt. Zudem wird in Grossunternehmen automatisch viel mehr verschriftlicht. Wenn hingegen in einem kleinen Industriebetrieb der Produktionsleiter ausfällt, der den Laden über Jahre quasi allein geschmissen hat, dann stehen die Maschinen vielleicht plötzlich still, weil er buchstäblich unersetzlich ist.

Der erste Schritt: Kritisches Wissen identifizieren

Wissensmanagement bedeutet nicht, dass man einfach alles niederschreibt, was irgendwo im Unternehmen passiert. Gerade in kleinen Unternehmen mit begrenzten Ressourcen ist es wichtig, dass man sich zuerst darüber klar wird, was wirklich wichtiges Wissen ist. Und dafür gibt es zwei einfache Kontrollfragen:

  1. Würde unser Kerngeschäft auch ohne dieses Wissen noch funktionieren?
  2. Könnten wir dieses Wissen kurzfristig und mit vertretbarem Aufwand wieder aufbauen?

Falls Sie beide Fragen mit «Nein!» beantworten müssen, dann handelt es sich offensichtlich um unternehmenskritisches Wissen, das Sie in Ihr Wissensmanagement einbeziehen müssen.

In der Praxis hilft es, wenn man diese beiden Kontrollfragen noch etwas herunterbricht. Um herauszufinden, ob das Kerngeschäft noch funktionieren würde, kann man sich beispielsweise folgende Fragen stellen:

  • Könnte unser Unternehmen weiterhin alle seine Produkte und Dienstleistungen anbieten?
  • Könnten wir die Kapazität, die Qualität und die Lieferfristen auf dem aktuellen Niveau halten?
  • Könnten wir auch in Zukunft alle bestehenden Verträge erfüllen?
  • Wäre unser Unternehmen ähnlich rentabel wie bisher?

Und um herauszufinden, ob man das Wissen neu aufbauen könnte, helfen die folgenden Fragen:

  • Könnten wir dieses Wissen mit unseren bestehenden Mitarbeitern intern generieren?
  • Könnten wir dieses Wissen zu einem angemessenen Preis irgendwo einkaufen?
  • Würden wir einfach neue Mitarbeitende mit dem entsprechenden Wissen finden?

In der Theorie klingt das alles recht simpel. In der Praxis sind diese Fragen aber oft nicht ganz einfach zu beantworten, weil man gar nicht so genau sagen kann, welches Wissen in einem Unternehmen überhaupt existiert. Was uns zum nächsten Punkt bringt.

Wie man vorhandenes Wissen aufspürt

Solange man noch kein systematisches Wissensmanagement betrieben hat, ist das Wissen eines Unternehmens nicht direkt greifbar. Es steckt teilweise in vielen einzelnen Dokumenten, die irgendwo abgelegt sind, hauptsächlich aber in den Köpfen der Mitarbeitenden. Wie kann man dieses Wissen aufspüren?

Warum Intranets (meist) nicht funktionieren

Die vermeintliche Wunderwaffe ist das Intranet. Viele Unternehmen fahren eine solche Plattform hoch und bitten dann die Belegschaft, ihr Wissen darin zu dokumentieren. Aber egal, ob das nun ein Dokumenten-Management-System wie Microsoft SharePoint, ein Social Intranet wie Facebook Workplace oder ein Wiki wie Atlassian Confluence ist: In aller Regel wird dieser Bottom-Up-Ansatz mehr schlecht als recht funktionieren. Warum ist das so?

  • Schreiben ist nicht jedem gegeben, und das Erstellen von Dokumentationen empfinden viele Menschen als besonders mühsam bzw. langweilig.
  • Dokumentationen zu erstellen braucht Zeit. Wenn man Mitarbeitenden diese zusätzliche Aufgabe gibt, ohne ihnen auch die notwendige Zeit dafür zur Verfügung zu stellen, dann wird das Tagesgeschäft immer Vorrang haben und das Intranet bleibt leer.
  • Mitarbeitende können nur das dokumentieren, was man als explizites Wissen (Faktenwissen) bezeichnet. Mindestens so wertvoll ist aber das implizites Wissen (Erfahrungswissen) – das den Wissensträgern aber gar nicht bewusst ist und das sie deshalb auch nicht niederschreiben können.
  • Last but not least gibt es auch noch einen psychologischen Faktor: Wer sein Wissen dokumentiert und damit preisgibt, wird potenziell ersetzbar. Nicht umsonst gibt es das geflügelte Wort «Wissen ist Macht». Wie bereitwillig Mitarbeitende ihr Wissen teilen, hängt also auch vom wirtschaftlichen Druck und von der Unternehmenskultur ab.

Alternative Methoden für die Wissensdokumentation

Wir brauchen also andere Wege, um das Wissen von Mitarbeitern zu erschliessen. Folgende Methoden kommen dabei infrage:

  • Man kann interne Weiterbildungen organisieren, in denen Mitarbeitende ihre Arbeit vorstellen oder aus ihrem Fachgebiet berichten.
  • Man kann Mitarbeitende bitten, einen Kollegen als Stellvertreter einzuarbeiten, und dann diesen Kollegen bitten, das erworbene Wissen zu notieren.
  • Man kann Interviews mit Mitarbeitenden führen. Dabei kann es von Vorteil sein, wenn der Interviewer selbst nicht allzu viel Fachwissen mitbringt, weil er so auch grundsätzlichere und auf den ersten Blick naive Fragen stellt.
  • Man kann Mitarbeitende bei Ihrer Arbeit filmen – was natürlich bei manuellen und sozialen Tätigkeiten ergiebiger ist als bei Bildschirmarbeit.

Wie man Wissen bewahrt

Wenn man einmal relevantes Wissen identifiziert hat: Was kann man tun, damit dieses Wissen auch bei personellen Veränderungen dem Unternehmen erhalten bleibt?

Erfolgsfaktoren für das Intranet

Die Verschriftlichung ist und bleibt selbstverständlich eine zentrale Methode des Wissensmanagements. Und Intranets (oder vergleichbare Plattformen) sind das beste Werkzeug dafür – trotz allen Vorbehalten, die wir oben diskutiert haben.

Wenn man allerdings darauf baut, dass die Mitarbeitenden zum Inhalt des Intranets beitragen, dann muss man auch alles dafür tun, dass es weder technische noch prozessuale Hindernisse gibt. Dazu gehört:

  • ein in jeder Hinsicht benutzerfreundliches System, das auch wenig computer-affine Menschen nicht überfordert
  • Schulungen für alle Mitarbeitenden, in denen die praktische Anwendung des Systems erklärt wird
  • eine freundliche, kompetente Anlaufstelle für alle inhaltlichen und technischen Fragen im Zusammenhang mit dem Intranet
  • möglichst wenig formale Vorgaben, was den Aufbau der einzelnen Seiten oder ihre Einordnung in den Themenbaum betrifft
  • keine spürbaren Einschränkungen der Benutzerrechte, d.h. alle Mitarbeitenden dürfen jegliche Inhalte hochladen und ohne einen Abnahmeprozess direkt publizieren (was eine nachgelagerte Qualitätskontrolle nicht ausschliesst)

Plattformen statt Dokumente

Könnte man Wissen nicht auch in Word-, Excel- und PDF-Dokumenten sammeln statt in einer web-basierten Plattform?

Natürlich könnte man das. Solche Dokumente haben allerdings vier entscheidende Nachteile:

  • Erstens kann man viel schlechter auf Dokumente verweisen bzw. verlinken als auf eine Intranet-Seite.
  • Zweitens ist es viel mühsamer, eine Volltextsuche über alle Dokumente hinweg durchzuführen als das komplette Intranet zu durchsuchen.
  • Drittens haben Dokumente die Tendenz, irgendwo in einer Ordnerstruktur auf dem Server oder gar auf einer lokalen Festplatte auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
  • Und viertens werden Dokumente im Alltag immer wieder kopiert oder per E-Mail verschickt, sodass man schnell mehrere Versionen dieses Dokuments hat und dann nicht mehr weiss, welches die aktuelle, gültige Version ist.

Diese Nachteile relativieren sich zwar, wenn man alle Dokumente konsequent in ein Dokumenten-Management-System einspeist. Trotzdem würde ich gerade in einem KMU eine rein web-basierte Lösung empfehlen, beispielsweise Confluence, Slab, Elium oder Notion. So hat man alles an einem Ort, und die Mitarbeitenden benötigen lediglich einen Web-Browser auf ihren Rechnern.

Slab Website

Wissensmanagement mit Slab

«Slab ist eine wirklich schöne Lösung für das Wissensmanagement in Teams und KMU. Beeindruckt hat uns vor allem die konsequente Reduktion auf das Wesentliche: Slab bietet alles, was man in der Praxis braucht, aber nichts, was die Benutzung unnötig kompliziert macht.»

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Visuelle Dokumentation

Nebst der Verschriftlichung sollte man auch andere Formen der Wissens-Dokumentation nicht vergessen. In Zeiten, in denen jeder Mitarbeitende eine hochwertige Kamera in Form seines Smartphones besitzt, kann man Wissen auch in Fotos oder Videos dokumentieren. Und alles, was sich an einem Bildschirm zeigen lässt, kann man mit einem Screenrecorder wie Camtasia oder Loom ganz einfach aufzeichnen und dann als Video zur Verfügung stellen.

Persönlicher Austausch

Trotz all dieser technischen Möglichkeiten sollte man aber die vielleicht einfachste Form des Wissensmanagements nicht vernachlässigen: den persönlichen Austausch zwischen Arbeitskolleginnen und -kollegen. Wenn eine Geschäftsleitung dafür sorgt, dass sich Mitarbeitende regelmässig treffen, um sich über fachliche Themen zu unterhalten, dann kann sie mit wenig Aufwand viel bewirken. Und vor allem schafft sie so ein Klima im Unternehmen, das den Wissensaustausch auf allen Ebenen begünstigt.

Notebook-Computer, auf dem ein Schema zum Wissensmanagement zu sehen ist

Wir beraten Sie beim Wissensmanagement

Martin Sauter, der Gründer von Metoki, ist Spezialist für Wissensmanagement. Als Chief Knowledge Officer eines Schweizer KMU hat er jahrelange Praxiserfahrung, und als Absolvent des CAS Wissensmanagement & Organisationales Lernen kennt er auch die theoretischen Grundlagen.

Gerne beraten wir Sie bezüglich Methoden und Software für das Knowledge Management in Ihrem Unternehmen. Zudem bieten wir individuelle Coachings für das persönliche Wissenmanagement.