Illustration eines Dateisystems

Dateiablagen optimal organisieren – auf Festplatten, Fileservern, Cloudspeichern

Suchen Sie manchmal eine gefühlte Ewigkeit nach einer Datei, von der Sie wissen, dass sie irgendwo auf Ihrem Computer gespeichert sein muss? Wahrscheinlich liegt dies daran, dass Ihr Dateisystem nicht optimal strukturiert ist.

Dieses Problem potenziert sich, wenn viele Menschen in einem Unternehmen oder einer Organisation zusammenarbeiten. Studien zufolge verbringen Angestellte einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit damit, nach Informationen zu suchen, die bereits im Unternehmen vorhanden sind. Zumindest einen Teil dieser Arbeitszeit liesse sich einsparen, wenn Dateiablagen auf Fileservern bzw. in Cloudspeichern besser strukturiert wären. Es gibt dafür keine Patentrezepte – aber einige einfache Regeln, die schon viel bringen.

Taugt die Dezimalklassifikation als Vorbild?

Wie ordnet man eine grössere Menge an Informationen so, dass diese einfach auffindbar sind? Dieses Problem beschäftigt die Menschheit sein Jahrhunderten. Bibliotheken und Archive haben dafür verschiedene Systeme entwickelt, von denen die Dezimalklassifikation das bekannteste ist. Diese existiert in mehreren Varianten, basiert aber im Wesentlichen darauf, dass man 10 Hauptkategorien bildet, diese in 10 Unterkategorien unterteilt, jene wiederum in 10 Unter-Unterkategorien usw. Die Kategorien werden nummeriert, was sie nicht nur eindeutig identifizierbar macht, sondern auch ihre Position im Kategorienbaum verdeutlicht.

Um die Dateiablage in einem Unternehmen zu strukturieren eignet sich die Dezimalklassifikation allerdings nicht. Jene wurde entwickelt, um das gesamte Wissen der Menschheit grob zu kategorisieren. Informationen in Unternehmen stammen in der Regel nur aus ganz bestimmten Wissensgebieten, müssen dafür aber wesentlich feiner strukturiert werden. Zudem fallen in Unternehmen viele administrative Informationen an, was die Dezimalklassifikation nicht berücksichtigt.

Auch das Prinzip, auf jeder Ebene genau 10 Kategorien zu bilden, scheint mir für Unternehmen wenig hilfreich. Je nach Thema und Informationsmenge braucht es manchmal weniger, manchmal mehr Kategorien, um eine sinnvolle Gliederung zu erhalten. Zudem brauchen Unternehmen eine flexible, erweiterbare Struktur, weil niemand vorhersehen kann, wie die Organisation, die Tätigkeit und das Umfeld eines Unternehmens in fünf oder zehn Jahren aussehen wird. Die Dezimalklassifikation wäre also in verschiedener Hinsicht ein Korsett, das mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringt.

Selbst ein flexibleres Nummerierungssystem, das nicht auf 10 Kategorien pro Ebene beschränkt ist, würde ich persönlich im Unternehmensumfeld nicht einsetzen. Wenn man sie einmal definiert hat, sollten sich solche Nummern ja nicht mehr verändern. Das macht es unmöglich, zwischen zwei bestehenden eine neue Kategorie einzufügen oder eine überflüssige Kategorie zu eliminieren.

Was eine gute Struktur ausmacht

Was sich hingegen auch für Unternehmen bewährt sind hierarchische Strukturen mit Haupt- und Unterkategorien. Dieses elementare Organisationsprinzip ist für die meisten Menschen intuitiv verständlich und zudem technisch vorgegeben: Die Dateisysteme von Windows, macOS und Linux mit ihren Ordnern und Unterordnern funktioniert nach der gleichen Logik. Damit eine Ordnerstruktur gut funktioniert, müssen allerdings verschiedene Bedingungen erfüllt sein.

Wenige Ordner pro Ebene

Die Anzahl der Ordner pro Ebene muss so gewählt werden, dass man sie gut überblicken kann. Als Faustregel kann man sich an der Millerschen Zahl orientieren, die besagt, dass ein Mensch nur sieben Informationseinheiten gleichzeitig im Kurzzeitgedächtnis behalten kann. Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass es sogar noch weniger sind. Das bedeutet, dass man nur eine einstellige Anzahl von Ordnern anlegen sollte. Sobald es wesentlich mehr werden, sollte man eine zusätzliche Gliederungsebene einziehen.

In gewissen Fällen darf man diese Regel allerdings auch ignorieren: Wenn man beispielsweise für jeden Kunden einen Ordner anlegt, dann wird man schnell sehr viel mehr Ordner auf derselben Ebene benötigen. Sofern diese Ordner sauber nach Kundenname oder Kundennummer sortiert sind, kann man aber gut damit umgehen.

Wenige Ebenen

Man sollte nicht nur die Anzahl der Ordner pro Ebene, sondern auch die Anzahl der Ebenen im Auge behalten. Sobald es mehr als drei bis fünf Ebenen sind, braucht es nicht nur sehr viel Navigationsarbeit, sondern man verliert auch leicht den Überblick, wo in der Struktur man sich gerade befindet.

Kombiniert man nun die beiden bisherigen Regeln, dann könnte man meinen, dass das viel zu wenige Ordner sind, um die Dateiablage ein ganzes Unternehmens zu organisieren. Das hat damit zu tun, dass man intuitiv unterschätzt, wie viele Ordner bei 9 Ordnern pro Ebene und 5 Ebenen möglich sind, nämlich stolze 66’429 Ordner (91 + 92 + 93 + 94 + 95). Für einen Grosskonzern ist das wohl immer noch zu wenig, aber ein KMU dürfte damit schon recht weit kommen.

Trennscharfe Ordner

Eine gute Ordnerstruktur lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, in welchem Ordner ein bestimmtes Dokument zu finden ist bzw. abgelegt werden muss. Das mag selbstverständlich klingen, ist in der Praxis aber oft nicht der Fall. Manchmal sind Ordner zu wenig aussagekräftig benannt, manchmal überlappen sie thematisch, manchmal fehlt ein Ordner.

Ein typischer Fehler bei der Strukturierung einer Dokumentenablage ist auch die Vermischung von formalen, organisatorischen und fachlichen Dimensionen. Was das bedeutet, lässt sich am besten an einem Beispiel erklären. Nehmen wir an, ein international tätiges Industrieunternehmen nutzt die folgende Ordnerstruktur:

Berichte & Statistiken
Bilder & Videos
Einkauf & Verkauf
HR, Finanzen, Informatik, Rechtsdienst
Marketing, Kommunikation & Investor Relations
Produktion & Logistik
Region Europa
Region Amerika
Region Asien
Strategische Projekte

Stellen Sie sich nun vor, Sie arbeiten im Marketing und haben ein Produktvideo für den US-amerikanischen Markt erstellt. Wo würden Sie dieses ablegen? Formal handelt es sich um ein Video, organisatorisch betrifft es die Region Amerika, und fachlich geht es um Marketing.

Nicht trennscharfe Ordner sind ein echtes Problem. Zunächst machen sie die Suche aufwändiger, weil man oft am falschen Ort sucht. Vor allem aber führt es früher oder später dazu, dass Dateien zum gleichen Thema an unterschiedlichen Ort liegen. Das macht es noch viel schwieriger, den Überblick zu behalten, und es erhöht das Risiko, dass ein Mitarbeiter ein Dokument frisch erstellt, obwohl es an einem anderen Ort bereits existiert. Zudem führt es dazu, dass Dateien vom einen an den anderen Ort kopiert werden – und Kopien sind etwas, was man beim Informationsmanagement unter allem Umständen vermeiden möchte.

Einheitliche Unterordner

Gleichartige Dinge sollten gleich organisiert werden. Wenn Sie beispielsweise für jeden Kunden einen Ordner anlegen, dann sollte dieser Ordner immer gleich strukturiert sein. Wie diese Struktur aussieht, hängt natürlich stark von der Branche ab. Bei einer Web-Agentur könnte der Inhalt eines Kundenordners folgendermassen aussehen:

P037 Projekt A
a Strategie & Konzept
b Design & Content
c Code & Spezifikation
d Dokumentation & Schulung
e Finance & Legal
f Daten & Backups
g SEO & Werbung

P045 Projekt B
a Strategie & Konzept
b Design & Content
c Code & Spezifikation
d Dokumentation & Schulung
e Finance & Legal
f Daten & Backups
g SEO & Werbung

Übereinstimmung mit anderen Ordnungssystemen

Unternehmensinformationen werden ja nicht nur auf Fileservern bzw. in Cloudspeichern verwaltet, sondern auch in Intranets, Wikis, Wissensdatenbanken und Archivsystemen. Es ist enorm hilfreich, wenn alle diese Systeme identisch strukturiert sind, zumindest auf den höheren Ebenen. So müssen die Mitarbeitenden die Logik nur einmal erlernen und finden sich auf sämtlichen Systemen zurecht.

Den Lebenszyklus von Dokumenten managen

Viele Informationen in einem Unternehmen haben einen Lebenszyklus: Sie entstehen als Entwurf, werden dann freigegeben, sind eine Zeit lang in Gebrauch, werden allenfalls überarbeitet und veralten irgendwann. Natürlich sollen Mitarbeitende immer nur freigegebene, aktuelle Informationen nutzen. Deshalb braucht es Regeln, wie man den Status von Dokumenten kennzeichnet, wie man mit unterschiedlichen Versionen umgeht und wie veraltete Dokumente archiviert werden.

Ein elementares Prinzip besteht darin, im Dateinamen das Entstehungsdatum eines Dokuments zu vermerken. Idealerweise macht man das im ISO-Format (JJJJ-MM-TT, z.B. 2025-05-18), weil man mit einer alphabetischen Sortierung auch gleich eine chronologisch korrekte Reihenfolge erhält. Dank des Datums kann man meist gut abschätzen, wie aktuell ein Dokument ist. Existieren mehrere Versionen eines Dokuments, ist es zudem ein Leichtes, die neuste zu finden, was Versionsbezeichnungen (v1, v1.1, v2 etc.) überflüssig macht.

Oft wird auch der Status eines Dokuments in den Dateinamen geschrieben. Macht man dies einheitlich und konsequent, kann das eine Hilfe sein. In der Praxis sieht man allerdings oft Dinge wie Schlussbericht_NEU_FINAL_v2_pmeier.docx und ähnliche Ungetüme, die alles andere als Klarheit schaffen. Hier würde ich ein möglichst simples System empfehlen: Kennzeichnen Sie alles, was noch nicht fertig bzw. freigegeben ist, deutlich mit _ENTWURF, und alles, was nicht mehr aktuell ist, mit _ALT. Ein Dokument, das keinen dieser beiden Zusätze im Dateinamen trägt, gilt als aktuell und kann von allen Mitarbeitenden ohne Rücksprache benutzt werden.

Es macht die Sache übersichtlicher, wenn veraltete Dokumente nicht am gleichen Ort liegen wie aktuelle Dokumente. Die einfachste Lösung besteht darin, in jedem Ordner einen Unterordner _ARCHIV anzulegen, in den man alles, was nicht mehr aktuell ist, verschiebt. (Der Unterstrich sorgt dafür, dass der Archivordner bei alphabetischer Sortierung immer zu oberst steht.)

Könnte man veraltete Dokumente nicht auch einfach löschen? Natürlich könnte man das, aber es gibt immer wieder Situationen, in denen man froh ist, wenn ein altes Dokument noch irgendwo greifbar ist. Zudem gilt für Unternehmen eine Aufbewahrungspflicht: Diese betrifft zwar nur bestimmte Kategorien von Dokumenten, aber wenn Sie nach dem Prinzip «archivieren statt löschen» leben, dann sind Sie auf der sicheren Seite.

Regeln für Dateinamen

Nicht nur die Ordnerstruktur, auch die Benennung der darin gespeicherten Dateien entscheidet darüber, wie gut Informationen auffindbar sind. Der ideale Dateiname ist aussagekräftig, allgemein verständlich, eindeutig und trotzdem kurz.

Viadukt Schule Offerte Website 2025-02-15 ms.docx beispielsweise wäre gemäss diesen Kriterien ein guter Dateiname, weil sofort erkennbar ist, worum es hier geht. Zudem ist diese Datei über die Volltextsuche zuverlässig auffindbar, weil ich nach dem Kundennamen (Viadukt Schule), dem Dokumententyp (Offerte), dem Monat (2025-02) oder dem Mitarbeiterkürzel (ms) suchen kann.

Nun gehen aber die Vorstellungen davon, wie ein guter Dateiname aussehen soll, weit auseinander. Es braucht deshalb Regeln, sogenannte Naming Conventions, die gewisse Minimalanforderungen definieren. So könnte man festlegen, dass bei allen Dokumenten, die sich auf Kundenprojekte beziehen, Kundenname, Projektnummer und Datum enthalten sein müssen. Hilfreich sind auch Abkürzungen für häufig vorkommende Begriffe, z.B. OF für Offerte, RE für Rechnung, PP für Projektplan oder PH für Pflichtenheft.

Erhöhte Komplexität durch Zugriffsrechte

Eine zusätzliche Schwierigkeit bei der Organisation einer Dateiablage ergibt sich aus den Zugriffsrechten. In der Regel sollen nicht alle Mitarbeitenden alle Dateien sehen: Die Protokolle der Geschäftsleitungs-Sitzung beispielsweise sind nur für das Kader zugänglich, Bankauszüge nur für die Finanzabteilung und Bewerbungsdossiers nur für die HR-Abteilung.

Nun werden Zugriffsrechte nicht für einzelne Dateien, sondern für ganze Ordnern vergeben. Wenn jemand keinen Zugriff hat, dann ist der entsprechende Ordner unsichtbar. So kann es sein, dass eine an sich vollständige und logische Ordnerstruktur für gewisse Mitarbeitenden recht lückenhaft und willkürlich wirkt. Das kann dazu führen, dass Mitarbeitende mit wenig Rechten nicht auf alle benötigten Dokumente zugreifen können, weil andere Mitarbeitende diese Dokumente unwissentlich in einem Ordner mit Zugriffsbeschränkungen ablegt haben. Umgekehrt werden Mitarbeitende mit eingeschränkten Rechten ihre Dokumente oft am falschen Ort ablegen, weil sie den korrekten Ablageort gar nicht sehen.

Weil man schon aus Gründen des gesetzlichen Datenschutzes nicht auf Zugriffsbeschränkungen verzichten kann, muss man mit diesem Problem leben. Es hilft aber, das Rechtekonzept möglichst einfach und einheitlich zu gestalten. «Einfach» könnte in diesem Zusammenhang heissen, dass Rechte ausschliesslich auf der obersten Ebene vergeben werden, sodass ein Mitarbeiter einen Ordner und alle seine Unterordner entweder ganz sieht oder gar nicht. «Einheitlich» wiederum könnte bedeuten, dass Zugriffsrechte nicht für einzelne Personen oder Teams vergeben werden, sondern für möglichst grosse Personengruppen, z.B. für eine eine ganze Abteilung oder sämtliche Kadermitarbeitenden.

Fazit: Better done than perfect!

Seien wir realistisch: Das perfekte Ablagesystem, in dem wirklich jede Datei ihren eindeutigen Platz hat, gibt es nicht. Die Welt ist zu komplex, als dass sie sich in eine eindimensionale Hierarchie abbilden liesse. Zudem hat jeder Mensch seine eigene Vorstellung davon, was eine logische Struktur ausmacht.

Aber auch wenn man nur einen Teil der erwähnten Regeln umsetzt, kann man fast jedes Ablagesystem entscheidend verbessern. Allerdings: Will man zu viel, dann ist das oft kontraproduktiv. Zu viele Regeln und zu restriktive Zugriffsrechte können dazu führen, dass Mitarbeitende ihre Dateien lieber auf dem Desktop statt auf dem Fileserver bzw. in der Cloud speichern, und das ist das Letzte, was wir möchten.

Wichtig ist zudem, dass man nicht nur einmalig ein System einführt und es dann sich selbst überlässt. Im Rahmen des Wissensmanagements sollte man vielmehr periodisch die Dateiablage durchsehen und optimieren.